Zum fünften Mal riefen die Snowboard-Ikonen Terje Haakonsen und Nicolas Müller anfangs März die Fahrer nach Laax zum SuddenRush Banked Slalom. Infolge des Jahrhundertwinters war Schnee keine Mangelware und auch das Wetter spielte einigermassen mit, so dass 400 Rider zwischen 4 und 56 Jahren ihrem Ruf gefolgt sind und somit eine super Stimmung und viel Spass garantiert waren.
Der SuddenRush ist ein dreitägiges Happening, welches mit den Pros und Masters am Freitag, am Samstag mit der Open Klassen (die Sterblichen unter uns, die unter der Woche arbeiten müssen…) und der Jugend am Sonntag durchgeführt wird. Und obwohl am Freitag das who-is-who meiner Snowboardgeneration unterwegs war (Bauer, Fernandes, Hasler, Hauser, Plötzeneder, Brunschwiler uvm.), haben ich dieses Jahr bewusst entschieden beim Open am Samstag vor Ort zu sein. Dass ein Peter Bauer, wenn er durch den Kurs heizt, coole Fotos abgibt ist wohl klar, aber wir wollten bewusst Leute wie Du und ich vor die Linse bekommen. Wir wollten den Spass vom normalen Fahrer rüberbringen und das hat aus meiner Sicht sehr gut funktioniert.
Der ganze Banked Slalom wurde unterhalb des Grap Sogn Gion neben der regulären Piste unter Mithilfe von Terje und Nicolas geshapped und bestand aus insgesammt 21 Steilkurven. Die schnellsten Pros benötigten etwas über einer Minute für den unglaublich langen Lauf mit einer sensationellen Aussicht und andere kamen nie am Ziel an… zumindest wurde die Zeit nicht mehr gewertet.
Eines ist mir vor Ort sofort aufgefallen: An all den unzähligen Wettkämpfen, an denen ich selbst teilnahm oder jahrelang als Redaktor mitverfolgt habe, habe ich noch nie so viele strahlende Fahrer durch einen Kurs fahren sehen. Entweder macht Banked Slalom wirklich so viel Spass oder es lag am veganen Tabak, dessen süsslichen Geruch mir ein paar Mal im Verlaufe des Tages in die Nase stach.
Mitmachen ist alles, meistens
Was auch noch auffiel: Der SuddenRush ist ganz tiefenentspannt. Wo an einem anderen Wettkampf ein nicht pünktliches Erscheinen für den Startslot zu einer Disqualifikation führt, startet man in dem Fall einfach, wenn’s dann passt. Und so gibt es eigentlich zwei unterschiedliche Typen von Teilnehmern: Die Verbissenen und die Geniesser, schwarz und weiss. Nun, vielleicht auch noch einige Graustufen dazwischen; ganz sicher. So sieht man auch hochkonzentrierte Gesichter mit irgendwelchen unkontrollierten Fratzen oder ein Lachen, das sogar durch einen Sturz nur noch grösser wird. Natürlich hat jeder Teilnehmer den Ehrgeiz in einer guten Zeit und vor allem in einem coolen Flow runterzukommen, hier ist jedoch klar das Zelebrieren der Snowboard-Kultur wichtiger, als irgendwelche Preise zu holen. Natürlich absehen von einigen Ausnahmen, welche vergleichbare Zeiten wir die Pros/Masters fuhren. Sogar die Torwächter waren den ganzen Tag chillig auf ihren Sonnenstühlen am hängen und haben ihren nicht all zu stressigen Job gemacht. Und komischerweise lag schon wieder dieser vegane Tabak in der Luft…
Und ich stehe mit 10 kg Fotoausrüstung am Pistenrand und verspüre immer mehr Lust danach, auch zwei Läufe runterbringen. Aber man kann halt nicht alles haben. Wer mal eine halbe Stunde zugeschaut hat und selbst ein gewisses Fahrniveau hat, wird irgendwie mit dem Banked Slalom Virus infiziert. Wirklich, so viel strahlende Fahrer habe ich noch nie gesehen und das steckt so an, dass man selbst runterfahren will.
Obwohl es etliche, teilweise spektakuläre Stürze gab – der Lauf ist einfach, wenn man nicht versucht die Bestzeit zu fahren, jedoch erbarmungslos bei Fahrten am Limit – wurde niemand verletzt, ausser vielleicht im Stolz. Da werden Rider aus der Kurve in Fangnetze geschmissen, verschneiden, machen ungewollt einen gestreckten Salto (Brett, Kopf, Brett auf dem Schnee) oder heben einfach ab und landen im Neuschnee. Das Spektakel freut die Zuschauer und auch die unzähligen Fotografen.
Der Kurs ist aber so gebaut worden, dass sich die Geschwindigkeit in Grenzen hält und auch gut kontrolliert werden kann. Die wenigen Sprünge können gesprungen oder gedrückt werden. Deshalb war der jüngste Teilnehmer auch 4 Jahre jung und hat den Kurs ohne Sturz gemeistert.
Party und Nachhaltigkeit am Berg
Am späten Nachmittag trafen sich die Fahrer in Laax an der Talstation, um beim Konzert ein, zwei oder mehr Bierchen zu trinken und um auch wieder diesen veganen Tabak zu rauchen. Es gab auch verschiedenste andere Attraktionen: So wie eine kleine Ausstellung alter Snowboards, bei der die älteren Semester von den frühen Tagen zu schwärmen begannen oder ein Reparaturbus von Patagonia, wo man Kleider aller Marken reparieren lassen konnte. Dies auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, was in Laax ja wirklich gross geschrieben wird.
Dieser Nachhaltigkeitsgedanke wird durch Laax auch wirklich gelebt. So werden seit Jahren jeden Frühling die Pisten mit Freiwilligen vom verlorenen Müll der vergangenen Wintersaison gereinigt. Dazu wird es noch einen separaten Bericht geben. Letztes Jahr wurde mit dem gesammelten Abfall sogar ein Kunstprojekt gemacht und auch sonst versucht Laax die Umweltbelastung auf eine Minimum zu reduzieren. Sogar die Pokale für die Podestplätze waren kleine Arvenbäume, die man pflanzen und somit einen symbolischen Beitrag zur CO2-Kompensation leisten kann. Ist auch notwendig, bei der weiten Anreise einiger Teilnehmer…
Das Konzert war legendär und die Preisverteilung dann beinahe nur noch Nebensache; trotzdem wurden die Gewinner wie Rockstars gefeiert. Das Bier floss weiterhin in Strömen und es wurde gefeiert bis in die Nacht. Und ja, auch Terje mischte sich unauffällig unter die Menge und genoss sichtlich den Abschluss des Tages.
Auch nächstes Jahr wird es wieder einen SuddenRush Banked Slalom geben. Viel Spass ist garantiert und wir werden sicher auch wieder dabei sein!
Das Woodstock vom Snowboarden
Chefredakteur und Snowboarder seit 1985.